Von der Pflanze zum Fell mit BioFluff: das Interview

Leder, Wolle, Federn oder Fell. In der Modebranche werden viele Materialien tierischen Ursprungs eingesetzt. Immer mehr Marken wollen dies umgehen und verwenden stattdessen Materialien wie beispielsweise das zu 100% natürliche, plastikfreie und vegane Leder MIRUM®.


Insbesondere der Konsum von Pelz wird hierzulande inzwischen verpönt, denn die Wahrheit über die Tierhaltung in Pelzfarmen ist mehr als grausam. Tiere werden speziell für die Pelzindustrie und unter schlechtesten Bedingungen gezüchtet. Sie werden in engen Drahtkäfigen gehalten, können ihren natürlichen sozialen Verhaltensweisen nicht ausüben und werden mitunter lebendig gehäutet. Um eine Verwesung der Tierpelze zu verhindern, kommen außerdem bei einem Gerbungsverfahren umweltschädliche Chemikalien zum Einsatz. Somit belasten Pelze die Tiere und ebenso die Umwelt und die Gesundheit von Menschen.


Dank der unermüdlichen Arbeit von Tierschützern in den letzten Jahren ist die Problematik der Pelzindustrie auch auf der politischen Agenda aktueller den je. In diesem Jahr hat Kalifornien als erster US-Bundesstaat den Verkauf von Tierpelzprodukten verboten. Am 1. Januar 2023 trat ein Gesetz in Kraft, das die Herstellung, den Verkauf und die Spende von Pelzen illegal macht. Auch in der EU setzt sich die Europäische Bürgerinitiative aktuell mit Hilfe einer Petition aktiv für ein „Pelzfreies Europa“ ein. Die Anzahl von 1 Million gültiger Unterschriften wurde bereits erreicht und damit ist die Europäische Kommission dazu verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen.


Für Pelzliebhaber gab es lange Zeit keine tierfreundliche und nachhaltige Alternative. Denn die Alternativen zu tierischem Pelz bestehen bisher aus synthetischen Fasern (mehr zur Problematik von dieser synthetischen Fasern im Interview). Die gute Nachricht ist: Damit ist jetzt Schluss. Ashwariya Lahariya und Martin Stübler, die Gründer von BioFluff, entwickeln den ersten Pelz auf Pflanzenbasis. Das patentierte Produktionsverfahren schafft eine einzigartige, ethisch vertretbare und nachhaltige Pelzalternative, ohne Tierleid. Das Fell hält kuschelig warm, überzeugt mit einem stylischen Look und schützt zudem den Planeten und die Tiere.


BioFluff Logo und Detailaufnahme Fell

Wir haben die beiden Gründer getroffen und sie haben uns von ihrem Weg als junge Pioniere und Unternehmensgründer, von ihren Visionen und den Besonderheiten von BioFluff berichtet. Im folgenden Artikel bekommst du exklusive Einblicke in die Welt dieses neuartigen und spannenden Materials. Viel Spaß!


Was hat euch dazu bewegt, ein veganes und nachhaltiges Fell zu entwickeln? Wo seht ihr die Probleme der Pelzalternative, die es bereits auf dem Markt gibt?

Martin: Im Sommer 2021 habe ich an verschiedenen Projekten für Lederalternativen gearbeitet. Im Zuge der Recherche und bei einigen Besuchen in verschiedenen Gerbereien stellte ich fest, dass die Thematik alternativen Leders bereits vielfach von Wissenschaftler*innen und Designer*innen bearbeitet wird. Ideen für tierfreie Felle werden dagegen selten angesprochen. Die einzige Alternative auf dem Markt ist Kunstfell, das aus Polyester- und Modacrylfasern besteht. Diese Fasern werden synthetisch aus Petrochemikalien gefertigt, bestehen zum Teil aus fossilen Brennstoffen und verursachen enorme Abfallmengen. Dementsprechend entspricht der Kunstpelz bestenfalls einer temporären Notlösung. Ich sehe hier definitiv eine Lücke in der Modebranche und möchte sie gerne füllen!


Welche Vision verfolgt BioFluff?

Wir haben große Träume und Visionen. Wir möchten der größte Anbieter von pflanzlichen Fellen für alle umweltbewussten High-End-Modemarken werden und langfristig Tierfelle sowie synthetische Felle durch BioFluff ersetzen. Es ist uns wichtig, ein Zeichen zu setzen und der Welt zu zeigen, dass Tierfelle kein Notwenigkeit sind. Die Optik und die Gemütlichkeit der Pelze können mit veganen, nachhaltigen Materialien und fairen Bedingungen für Mensch und Umwelt vereint werden.

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Wir arbeiten nach dem Devise: Die Zukunft ist pflanzenbasiert.

Außerdem legen wir großen Wert auf transparente und ehrliche Partnerschaften. Wir wählen sie sorgfältig auf der Basis gemeinsamer veganer Ziele und eines gemeinsamen Verständnisses von Nachhaltigkeit aus.


Wodurch zeichnet sich das vegane Fell von BioFluff besonders aus?

Die 100% natürliche, pflanzliche Basis zeichnet BioFluff am meisten aus. Was sich zunächst einfach anhört, löst tatsächlich zwei enorme Probleme in der Modebranche: 1. Tiere sind keine Ware, die in Kleidung und Fashion genutzt werden sollte. Das können wir mit unseren Fasern verhindern. 2. Mit natürlichen, biologisch abbaubaren Fasern wird die Umwelt nicht belastet.


BioFluff Pelz zu 100% pflanzenbasiert, plastikfrei und vegan

Könnt ihr die Fasern nennen, die zur Herstellung des Fells genutzt werden?

Darüber würden wir gerne sprechen, allerdings ist das Teil des geistigen Eigentums und des Patents. Was wir sagen können ist, dass wir ausschließlich natürliche Materialien verwenden. Die Kombination verschiedener Fasertypen und Pflanzen ergeben mit Hilfe unseres patentierten Veredelungsverfahren das einzigartige weiche und vegane Fell. Die Weichheit resultiert vor allem aus der Faserdichte und einem speziellen Fasererweichungsprozess. Außerdem sind die Fasern keine Cash Crops, d.h. sie werden nicht gezielt für wirtschaftliche Zwecke angebaut. Mindestens 50 % sind Reststoffe aus der Landwirtschaft.


Drehen wir einmal die Zeit zurück: Wie fing alles an?

Martin: Jeder neue Wandel beginnt mit der Erkenntnis, dass etwas im bestehenden System nicht stimmt oder kaputt ist. Ich hatte eine solche Erkenntnis, als ich die Gerbereien besucht und gesehen habe, wie Tierhäute verarbeitet werden. Das war der Moment, in dem ich realisiert habe, ich möchte etwas ändern. Ich habe mich gefragt: Was kann ich tun, um den Konsum von Tierfellen zu reduzieren? Bei der Recherche fand ich kurze Zeit später heraus, dass die vorhandenen Alternativen auf dem Markt entweder auf Petroleum basieren oder nur einen geringen Anteil an natürlichen Pflanzenstoffen enthalten. Keine der Alternativen lässt sich biologisch abbauen oder sinnvoll recyceln. Daraus wurde unser Ansatz:

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Wir wollten das erste Fell aus 100 % pflanzlichen Materialien entwickeln, das sich am Ende des Tages leicht biologisch abbauen lässt.

Unsere Studienhintergründe in der Biotechnologie und den Textilwissenschaften waren der Schlüssel, um ein Produkt in einer ganz neuen Kategorie zu schaffen: ein Fell, das weder aus tierischen noch synthetischen Materialien, stattdessen ausschließlich aus Pflanzen gefertigt wird.


Wir sind uns auch sicher, dass jetzt genau der richtige Zeitpunkt für eine solche Innovation ist. Immer mehr Menschen lehnen tierische Materialien ab und suchen nach veganen Alternativen, die sowohl nachhaltig als auch zirkulär sind.


Wie fühlt es sich an, dass die Produktion jetzt wirklich startet?

Zu sehen, wie unser Traum Schritt für Schritt wahr wird, fühlt sich einfach magisch an. Wir freuen uns wie kleine Kinder an Weihnachten. Was zunächst nur ein Gedankenspiel war, wird jetzt zur Realität. Wir sind sicher, dass es derzeit eine große Nachfrage nach nachhaltiger Mode gibt. Diesen Impuls spüren wir jeden Tag, wenn wir zur Arbeit gehen. Wir freuen uns auf die Zukunft und sind gespannt, wann unser BioFluff zum ersten Mal auf dem Laufsteg zu sehen ist!


Ihr seid eines der 25 Teams, die wie Melina Bucher von der EU für das "Fashion for Change Growth Programme" ausgewählt wurde. Herzlichen Glückwunsch! Was erhofft ihr euch von diesem Programm?

Das F4C Accelerator-Programm ist eines der besten Wachstumsprogramme für junge Unternehmen in der EU. Es gibt uns als nachhaltiges Technologie-Start-up eine Stimme und verbindet uns zugleich mit Mentor*innen, die junge Start-ups im Modebereich unterstützen. Auch der Kontakt zu den anderen Teilnehmer*innen wird uns sicherlich bereichern. Wir haben gesehen, mit welcher Sorgfalt die Unternehmen ausgewählt wurden, um eine perfekte Mischung aus diversen und innovativen Ideen zu erzeugen. Schon zu Beginn konnten wir viel über uns selbst und über andere Visionen lernen. In den nächsten Jahren hoffen wir, mit Hilfe des Wachstumsprogramms, unser Produkt noch besser zu verstehen und stetig weiterzuentwickeln.


Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Von welchem veganen Produkt träumt ihr? Was sollte eurer Meinung nach unbedingt auf dem Markt erhältlich sein?

Martin: Ich persönlich wünsche mir einen flauschigen, weißen und veganen Pelzmantel, den ich zu Fashion-Events und Festivals tragen kann. Fell ist ein wunderbares und warmes Material, das sich zum Beispiel für Konzertabende oder andere Veranstaltungen bestens eignet. Ich war schon immer ein wenig neidisch auf die Menschen mit ihren Pelzjacken, aber ich lehne sie trotzdem ab, weil sie nicht mit meinen Werten vereinbar sind.

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Eines Tages möchte ich eine große Veranstaltung selbstbewusst und eingekuschelt in einen veganen, nachhaltigen BioFluff-Mantel besuchen.

Jacke aus BioFluff

Ashwariya: Das mag seltsam klingen, aber ich träume von einer App, die so beliebt ist wie Facebook oder Instagram, die jeder kennt, jeder nutzt und die einem innerhalb einer Sekunde die Herkunft eines Produkts zeigt. Jeder Mensch sollte wissen, ob ein Produkt tierische Inhaltsstoffe, Plastik oder Petrochemikalien enthält. Ich wünsche mir, dass wir so ein allgemeines Bewusstsein für nachhaltige und ethische Produkte schaffen.

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