Alle Fragen zu veganer Mode beantwortet von einer Branchenexpertin
Vegane Mode wird immer beliebter. Laut dem LYST-Report 2020 hat die Suche nach veganem Leder innerhalb eines Jahres um 69% zugenommen. Kunden interessieren sich zunehmend für vegane, nachhaltige oder recycelte Kleidung. Daher ist es nicht verwunderlich, dass viele Informationen zu diesem Thema online zur Verfügung stehen. Doch Vorsicht: es kursieren leider eine Menge missverständliche Informationen und Greenwashing. In diesem Artikel teilt unsere Gründerin Melina ihre Erkenntnisse und klärt auf, was es mit veganer Mode auf sich hat.
Vegane Mode bedeutet, dass ein Modeartikel ohne tierische Bestandteile hergestellt wird. Was sich auf den ersten Blick einfach anhört, ist es in der Praxis nicht: Je nachdem, welche Marke oder Label man fragt, unterscheidet sich die Definition eines veganen Artikels. Im einfachsten Fall wird Mode als vegan bezeichnet, wenn sie keine tierischen Stoffe wie tierisches Leder, Wolle, Seide oder Pelz enthält. Daher bezeichnen sich einige Unternehmen bzw. Marken bereits als tierfreundlich, wenn sie nur synthetische oder pflanzliche Stoffe wie Baumwolle, Viskose oder Polyester verwenden.
Einige Modelabels gehen noch einen Schritt weiter und berücksichtigen alle Hilfs- und Inhaltsstoffe, die zur Herstellung ihrer Kleidung und Accessoires benötigt werden. Zu den zu untersuchenden Inhaltsstoffen gehören Klebstoffe, die möglicherweise aus Knochen, Gelatine oder Kasein gewonnen werden, sowie Wachse wie Bienenwachs, Lanolin oder Schellack. Ein weiterer Bereich, der untersucht wird, sind Farbstoffe, die von Tieren stammen können. Beispiele sind Karmin und Schellack, rote Pigmente aus Insekten, und Sepia, Tinte aus Meeresfischen.
Gebrauchsmaterialien von Lieferanten, wie beispielsweise Chemikalien oder Waschmittel im Herstellungsprozess der Baumwollfasern, werden nach heutigem Stand in der Regel nicht näher untersucht. Das hat eher praktische Gründe, da es für Modeproduzenten schwierig sein kann, diese Inhaltsstoffe beim Kauf von Baumwolle oder anderen Stoffen zurückzuverfolgen. Auch wenn dies zunächst logisch erscheint, bedeutet vegane Mode muss auch nicht unbedingt, dass die Inhaltsstoffe alle frei von Tierversuchen sind. Denn Tierversuche haben per Definition nichts damit zu tun, dass ein Produkt frei von tierischen Inhaltsstoffen ist.
Wenn ein Kleidungsstück schließlich als vegan deklariert wird, sagt das auch nichts über das Unternehmen als Ganzes aus. Um ein Beispiel zu nennen: Melina Bucher wurde gegründet, um die Modewelt transparenter und tierfreundlicher zu machen. Da die Rettung von Tieren einer unserer Grundwerte ist, ist es für uns selbstverständlich, dass wir veganes Papier, vegane Druckfarben oder vegane Möbel in unserem Büro nutzen. Das ist bei weitem kein Industriestandard, da diese Produkte (leider) sehr viel teurer sind. Außerdem ist vielen Menschen nicht bewusst, dass diese Artikel tierische Bestandteile enthalten. Wenn Du also vegan und tierversuchsfrei einkaufen möchtest, empfehle ich deshalb, sich die Werte und Überzeugungen einer Marke anzuschauen und gegebenenfalls genau nachzufragen.
Vegane Mode enthält keine Bestandteile tierischen Ursprungs, von tierfreien Stoffen über Kleber und Wax bis zu Farbstoffen.
Menschen entscheiden sich aus ethischen oder ökologischen Gründen für den Umstieg auf vegane Kleidung.
Bei der Produktion von Modeartikeln stehen Tiere und ihr Wohlergehen nicht an erster Stelle. Tiere werden weniger als Lebewesen und mehr als Handelsware wegen ihrer Haut oder ihres Fells gesehen. Den meisten Menschen sind die grausamen Mulesing-Praktiken in der Wollproduktion oder die schlechten Bedingungen für Tiere in Pelzfarmen bekannt.
Leder oder Schurwolle werden als geringeres Problem angesehen. Es herrscht der Irrglaube (der oft von der Modeindustrie gefördert wird), dass Leder ein Abfallprodukt der Fleischindustrie ist und kein Tier für die Lederproduktion zu Schaden kommt. Dies entspricht nicht der Wahrheit, denn viele Tiere werden in erster Linie für ihre Haut gezüchtet und getötet. Krokodile, Alligatoren, Schlangen und andere exotische Tiere werden zunehmend von Luxusdesignern verwendet, da sie als besonders exklusiv und selten wahrgenommen werden. Bei der Verwendung von Rindsleder ist zu berücksichtigen, dass etwa 12-19 % des Verkaufspreises einer Kuh durch den Verkauf der Kuhhaut eingenommen wird. Leder ist also ein wertvolles Nebenprodukt und nicht nur ein Abfallprodukt. Daher unterstützen Konsumenten beim Kauf von Lederprodukten aktiv die Fleischindustrie.
Vegane Mode wird oft als nachhaltig vermarktet. Die Bewertung der Nachhaltigkeit eines Kleidungsstücks ist jedoch viel komplizierter, als es oft dargestellt wird. Ein veganes Kleidungsstück ist nicht zwangsläufig nachhaltiger als eines aus tierischen Rohstoffen, da die Produktion von tierfreien Produkten genauso umweltschädlich sein kann. Daher sollte das Label vegan in erster Linie dazu dienen, eine ethische Entscheidung zu unterstreichen: Nämlich, dass Du nicht willst, dass ein Lebewesen für Deine Kleidung getötet wird.
Eine generelle Aussage über die Nachhaltigkeit von veganer Mode ist nicht pauschal möglich. Die Nachhaltigkeit einer jeden Kollektion und jedes einzelnen Kleidungsstück hängt von den spezifisch ausgewählten Stoffen, den Produktionsprozessen und dem ausgewählten Produktionsort ab. Der HIGG Material Index, der von der Sustainable Apparel Coalition entwickelt wurde, ist ein hilfreiches Instrument, um verschiedene Stoffe hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit auf Basis von wissenschaftlichen und industriellen Daten zu vergleichen. Er misst verschiedene Umwelteinflüsse wie Treibhausgasemissionen, Wasserknappheit, Eutrophierung und Chemikalien und normalisiert die Werte zu einer einzigen Punktzahl. Diesem Index zufolge sind die Materialien Seide, Wolle und Leder im Durchschnitt die drei umweltschädlichsten Materialien, allesamt tierischen Ursprungs. Diese Werte sind bereits hoch, ohne die Tierhaltung oder -zucht zu berücksichtigen. Wichtig ist: auch hier handelt es sich um einen Durchschnittswert und die Umweltauswirkungen können je nach den tatsächlichen Produktionsprozessen unterschiedlich sein.
Veganes Leder ist ein besonders viel diskutiertes Thema in Bezug auf seine Nachhaltigkeit. Viele Artikel beschreiben veganes Leder als die ethische, aber weniger nachhaltige Alternative. Diese Aussage entbehrt jedoch jeglicher wissenschaftlicher Grundlage. Wissenschaftliche Studien verweisen darauf, dass synthetisches Leder eine deutlich geringere Umweltbelastung hat als herkömmliches Leder. Je nach Studienmodell hat tierisches Leder eine 2 bis 6-fach höhere Umweltbelastung als synthetisches Leder.4 Probleme ergeben sich hinsichtlich der biologischen Abbaubarkeit und der eingesetzten Chemikalien, tierisches Leder ist in diesen Dimensionen jedoch ebenfalls problematisch, wenn nicht sogar problematisch. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit der Nachhaltigkeit von tierischem Leder und dem Vergleich zu synthetischem Leder findest Du in diesem Artikel.
Umweltbelastung von tierischem vs. synthetischem Leder. Je höher die Zahl, desto schädlicher ist ein Material für die Umwelt. (© Melina Bucher, basierend auf dem HIGG Material Index)
Wenn Du online nach veganen Artikeln suchen, ist es eigentlich ganz einfach, vegane Mode zu finden! Eine bequeme Möglichkeit ist ein Blick auf die umfangreiche Liste von PETA (PETA Deutschland, PETA UK, etc.). Der große Vorteil bei der Nutzung dieser Liste ist, dass alle dort aufgeführten Marken nach dem PETA-Standard für vegane Textilien zertifiziert sind. Mehr über den von PETA anerkannten veganen Standard weiter unten.
Eine weitere Möglichkeit ist die Nutzung von Marktplätzen bzw. Online Shops für vegane oder nachhaltige Mode. Avocadostore bietet beispielsweise die Möglichkeit, nach veganen Produkten zu filtern. Immaculate Vegan hingegen ist ein neuerer Marktplatz mit einem besonderen Fokus auf Design und Ästhetik. In dem Online Shop bieten viele innovative, junge und etablierte vegane Designer ihre Kleidung und Accessoires an. Zudem gibt es einen Bereich, der über die Produktionsprozesse und Gründer der veganen Modelabels informiert. Ein Vorteil dieser Marktplätze ist, dass man direkt verschiedene Stile und Kleidungsstücke an einem Ort kaufen kann, ohne sich Sorgen machen zu müssen, dass ein Artikel unter unethischen Bedingungen produziert wurde. Außerdem müssen Labels, um auf einem Marktplatz wie Immaculate Vegan gelistet zu werden, einen Qualitätsstandard-Prozess durchlaufen. Natürlich ist auch Google hilfreich, wenn man nach Begriffen wie vegane Mode oder vegane Handtaschen sucht. Aber Vorsicht! Der Begriff vegan ist im Gegensatz zum Begriff bio nicht reglementiert - man muss sich also die Marken und ihre Angebote genau ansehen.
Wenn Du offline einkaufen möchtest, wird es ein bisschen schwieriger, vegane Mode zu finden. Natürlich kann man auf dem Etikett nachsehen, ob der Artikel tierische Stoffe wie Wolle oder Leder enthält. Aber, wie bereits erwähnt, müssen Modelabels keine tierischen Nebenprodukte auf ihren Etiketten deklarieren. Um sicher zu gehen, dass die Kleidung wirklich tierfreundlich produziert wurde, musst du dich entweder auf Zertifizierungen verlassen oder selbst bei den Marken recherchieren, die du liebst.
Natürlich kannst du auch einen Blick auf unsere Instagram-Seite oder unser Magazin werfen - wir feiern und teilen ständig vegane Modelabels!
Unsere Top-Tipps, um vegane Mode zu kaufen und tierische Produkte beim Einkaufen zu vermeiden:
- Achte auf die Zertifizierung als PETA-approved vegan (auf dem Etikett oder der Website des Unternehmens)
- Schaue auf dem Etikett nach, ob die Materialzusammensetzung tierische Stoffe wie Wolle, Leder, Pelz, Alpaka, Seide oder Daunenfedern enthält
- Schuhe haben in Deutschland ein spezielles Klassifizierungssystem. Was viele nicht wissen: tierisches Leder, das mit mehr als 1/3 der Gesamtdicke beschichtet ist, darf nicht als Leder, sondern muss als synthetisches Material deklariert werden (Die DIN-Norm für Leder „schützt“ den Begriff des Leders und nicht umgekehrt)
- Der Teufel steckt im Detail: Besondere Vorsicht bei Knöpfen (könnten aus Horn sein) oder Patches bzw. Aufnähern an Jeans (könnten aus Leder sein).
- Nebenprodukte wie Kleber und Farbstoffe werden in der Regel nicht deklariert. Hier muss man sich direkt an die Marke wenden, um mehr Informationen zu erhalten. In der Regel sind Unternehmen sehr hilfsbereit bei Anfragen (Bonuspunkt: sie werden dafür sensibilisiert, dass Kunden das Tiere am Herzen liegen!)
Da wir ständig im Austausch mit anderen veganen Modelabels stehen, geben wir gerne unsere Favorites an euch weiter. Die hier aufgelisteten veganen Marken legen ein besonderes Augenmerk auf hochwertiges Design und Nachhaltigkeit. Außerdem haben wir speziell die Modelabels aufgelistet, die von Frauen gegründet wurden und deren Gründerinnen das Herz am rechten Fleck haben (Girls support girls ist sowieso unser Motto!). Dies ist keineswegs eine vollständige Liste - es gibt so viele tolle vegane Marken auf dem Markt.
Unsere Top-Tipps der besten veganen Modelabels in Bezug auf Design, Nachhaltigkeit und Frauenpower:
- Mink Shoes: Gegründet von Celebrity-Stylistin Rebecca Mink und geliebt von Kundinnen wie Miley Cyrus, Nathalie Portman oder Emma Watson. Rebecca ist seit über 20 Jahren in der veganen Schuhbranche tätig. Wir lieben die High-End-Designs ihrer veganen High-Heels und Loafers - und dass sie Miteigentümerin der von Frauen geführten Produktion in Italien ist, in der die Schuhe hergestellt werden!
- Allkind: Ein britisches Modelabel, das in Spanien handgefertigte Schuhe entwickelt. Unser Lieblingspiece: die superbequemen veganen Woll- und Wildleder-Hausschuhe!
- Kimberly Goldson: Black-owned und frauengeführt mit den eindrucksvollsten Anzügen für die Girlbosses unter uns.
- LaSeine&Moi: Bekannt für ihre veganen Fake Fur Pelzmäntel. Besonders gut gefällt uns, dass sie europäische Stoffe verwenden und zudem in der Stadt der Liebe produzieren – Vegane Mode aus Paris!
- Matea Benedetti: Mateas vegane Kleider sind zum Sterben schön! Im Online Shop wird genau deklariert, wo das Produkt hergestellt wird und was die Aufdrucke nachhaltig macht. Verwendet wird zudem GOTS-zertifizierte Bio-Baumwolle.
Matea Benetti nachhaltige and vegane Luxusmode (© Matea Benetti)
Miley Cirus bei den Grammys in veganen High-Heels von Mink Shoes (© David Crotty/Patrick McMullan via Getty Images)
Im Gegensatz zu Lebensmitteln, bei denen es viele verschiedene Kennzeichnungsmöglichkeiten gibt, sind Zertifizierungen für vegane Kleidung rar gesät. Der bekannteste Maßstab für Kleidung ist der von PETA anerkannte PETA-approved vegan Standard. Wenn sich ein Modelabel nach PETA zertifizieren lassen möchte, darf es keine tierischen Stoffe sowie tierische Nebenprodukte wie Kleber, Wachs oder Farbstoffe verwenden. Der Regulierungsprozess beinhaltet die Unterzeichnung eines Vertrages, der sicherstellt, dass die Produktion frei von tierischen Bestandteilen ist, sowohl durch das Unternehmen selbst als auch durch alle Zulieferer. Der von PETA anerkannte vegane Standard beinhaltet bisher keine Kontrollen. Ein weiterer, ziemlich neuer Standard ist der ProVeg-Standard. ProVeg, bekannt für ihr gelbes V-Zeichen auf Lebensmitteln, hat im letzten Jahr einen neuen Standard für vegane Textilien eingeführt. Der Standard beinhaltet auch die Unterzeichnung von Verträgen über eine tierfreie Produktion sowie zukünftig die Möglichkeit stichprobenartig in der Produktion zu konrollieren (bisher noch nicht implementiert). Im Gegensatz zu PETA ist der vegane Standard von ProVeg für jedes Produkt, das eine Marke zertifizieren lassen möchte, kostenpflichtig.
Halte beim Kauf von veganer Mode Ausschau nach dem Peta-approved vegan Logo (© PETA Germany)
Melina Bucher ist PETA-approved vegan und arbeitet eng mit PETA zusammen, um den Standard weiterzuentwickeln. Vegan einkaufen ist viel unkomplizierter als noch vor ein paar Jahren, aber es erfordert immer noch einen gewissen Aufwand und Recherche.
Melina Bucher steht für eine nachhaltige Modewelt ohne Tierleid. Daher ist es uns besonders wichtig, unsere Kunden mit allen notwendigen Informationen zu versorgen, die es ihnen erleichtern, auch Tieren zu helfen und mehr über Nachhaltigkeit zu erfahren. Für weitere Informationen zum Thema Nachhaltigkeit, Veganismus und Mode folge uns gerne auf Instagram, abonniere unseren Newsletter und schaue regelmäßig auf unserem Blog vorbei.